Eine Antwort auf Daniel Houbens Hochschulräte an deutschen Universitäten – Regulierungsinstrumente oder Mittel zur Bildung strategischer Allianzen?

Der zentrale Punkt, auf den die These von den „strategischen Allianzen“ gestützt wird, besteht in der Aussage, dass sich in der Zusammensetzung der Hochschulräte „deutliche Homophiliemuster ausmachen“ ließen und somit eine „gesellschaftliche Repräsentation in den Hochschulräten nicht vorzufinden“ sei. Die empirischen Belege hierfür sind plausibel, wenn auch nicht wirklich überraschend. Sie reihen sich ein in frühere Untersuchungen von z.B. Nienhüser/Jacob (2008) oder Gerber, Bogumil u.a. (2009).
Vielleicht schon eher überraschend ist die Gegenüberstellung von Repräsentanz und Homophile. Houben identifiziert als Ursache für das Entstehen der Hochschulräte das New Public Management. In der Gedankenwelt dieses Verwaltungsansatzes mit seiner Principal/Agent Logik mag zwar die Idee vorherrschen, dass die Hochschule als Agent durch die Gesellschaft als Prinzipal „gesteuert“ werden könne, es handelt sich dabei ja schließlich um eine „Neues Steuerungsmodell“. Dann wäre in der Tat der Hochschulrat der Ort, an dem die Repräsentanten des Prinzipals den Agenten „steuern“. Die Idee von Hochschulräten ist aber wesentlich älter als das New Public Management. Sie findet sich schon in dem „Kreuznacher Hochschulkonzept“ der Bundesassistentenkonferenz (1968) und dem „Blauen Gutachten“ (1948) der britischen Besatzungsmacht. Sie war dabei nicht nur mit dem Gedanken gesellschaftlicher Verantwortung, sondern auch dem der Selbststeuerung von Hochschulen verbunden. Sie beruhte also auch auf der Erkenntnis, dass gesellschaftliche Relevanz der Wissenschaft nicht gegen deren Eigenlogik durchgesetzt, sondern durch die Hochschulen selber hergestellt werden müsse. In einer solchen Perspektive ist eine Stärkung gesellschaftlicher Verantwortung durchaus mit Homophilie vereinbar. In Hochschulräten ist dann zwar „die Gesellschaft“ vertreten, aber eine durch die Hochschulen selbst bestimmte Gesellschaft. Es geht dann nicht wie etwa bei Rundfunkräten um gesellschaftliche Interessengruppen mit Kirchen, Sportverbänden, politischen Freundeskreisen und Tarifpartnern, sondern um Einzelpersönlichkeiten und deren persönliche Kompetenzen (so auch Gerber, Bogumil 2009, S. 93). In einer solchen Perspektive wären Homophilie und strategische Allianzen mit Repräsentanz der Gesellschaft vereinbar, die Frage ist aber, welche Gesellschaft dabei repräsentiert wird. Das scheint aber ziemlich genau das zu sein, was Houben in seiner Untersuchung ermittelt.
Noch eine Beobachtung: Man mag seine Zweifel haben, ob Hochschulräte tatsächlich leiten oder nicht eher eine einzige große „Modernisierungsfassade“ darstellen, deren Haupteffekt darin besteht, innerhalb der Hochschulen die Macht der Rektorate zu stärken. Wie wirkmächtig sie aber in der gesellschaftlichen Umwelt der Hochschulen bereits sind, lässt sich derzeit in NRW beobachten, wo sie ein wesentlicher Akteur in dem Widerstand gegen die Regierungspläne für ein neues Hochschulgesetz sind. Auch dies ist ein Beleg für die These von den „Strategischen Allianzen“, die sich als interessanter Ausgangspunkt für weitere empirische Untersuchungen zu erweisen scheint.

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