Zwischen den Tagen war ich unterwegs auf dem 34C3, unter dem Motto „tuwat“ in Leipzig auf dem neuen Messegelände. Endlich hatte der Kongress fast genug Platz, nur die Bestuhlung der Säle (4000 max) verglichen mit den 15000 verkauften Karten limitieren noch die freie Auswahl einer der vier parallelen großen Sessions. Dafür war für die Assemblies (die Aufbauten der lokalen CCC-Dependancen und weiterer Open Source, Netzpolitik usw. Akteure) nun mehr als genug Raum vorhanden. Während ich zunächst in der kühlen weiten und hellen Umgebung etwas gefremdelt habe, gefiel mir die neue Location im Verlauf sehr gut.
Security
Kein Chaos Communication Congress ohne das Thema Security: Auch in diesem Jahr gab es neben medienwirksamen Talk zu KRACK (WPA2) und Mobile Banking Apps. Ich hatte ja schon in meinem kleinen ECSM-Talk davor gewarnt, so etwas einzusetzen und dabei auf einen Vortrag auf dem 33C3 verwiesen. Und auch in diesem Jahr hagelte es wieder Angriffe auf schlecht implementierte Banking Apps. Siehe dazu den Talk von Vincebt Haupert: Die fabelhafte Welt des Mobile Bankings. Was mich auch sehr beeindruckt hat, waren die Timing und Glitch-Angriffe auf embedded Devices, die es im Vortrag „Opening Closed Systems with GlitchKit – ‚Liberating‘ Firmware from Closed Devices with Open Source Hardware“ von Dominic Spill und ktemkin zu sehen gab. Sidechannel-Angriffe sind ja jetzt mit Meltdown und Spectre sehr in Mode gekommen. Wer sich für Elekromobilität interessiert, rechnet möglicherweise nicht damit, dass die Ladeinfrastruktur für Elektroautos unsicher ist. Technisch sehr interessant ist auch der Vortrag „Demystifying Network Cards – Things you always wanted to know about NIC drivers“ von Paul Emmerich. Den Talk „iOS kernel exploitation archaeology“ habe ich leider auch erst in der Konserve gesehen, da ich mir Mark Uwe Klings Lesung seines neuen (und wirklich empfehlenswerten – habe es schon durch) Buches „QualityLand“, einer humorvollen Dystopie, angeschaut habe.
KI
Sehr Interessant waren auch die Vorträge zu Deep Learning und künstlicher Intelligenz. Sowohl „Beeinflussung durch Künstliche Intelligenz – Über die Banalität der Beeinflussung und das Leben mit Algorithmen“ von Hendrik Heuer und KRN als auch „Deep Learning Blindspots – Tools for Fooling the Black Box“ von Katharine Jarmul haben mir sehr gefallen
Netzpolitik
Bei dem 34C3 gaben sich zum Thema Netzpolitik einige bekannte Persönlichkeiten die Klinke in die Hand. Zu nennen ist Peter Schaar, der ehemalige Bundesdatenschutzbeauftragte, der mit einem spannenden Vortrag mit dem Titel „Trügerische Sicherheit – Wie die Überwachung unsere Sicherheit gefährdet“ beigetragen hat. Christan Ströble hat gemeinsam mit Constanze Kurz im Vortrag „Die Lauschprogramme der Geheimdienste“ ein Resümee seiner Tätigkeit im NSA-BND-Untersuchungsausschuss gezogen. Ein sehr beeindruckender und schön vorgetragener politischer Talk war „Schreibtisch-Hooligans – Informationsfreiheit trotz CSU“ von Arne Semsrott (das ist der Bruder von Nico Semsrott), Gründer von fragdenstaat.de.
Netzkultur
Mir hat sehr gut die Retrospektive von Harald Welte (laforge) zum Thema „BBSs and early Internet access in the 1990ies – Modems, FIDO, Z-Netz, Usenet, UUCP, SLIP and ISDN“ gefallen, weil ich damals auch schon dabei war (Maus-Netz und natürlich Internet ).
Eine weitere interessante Thematik auf dem Kongress, die ich bisher etwas vernachlässigt habe sind Beiträge zu Art&Culture, also Medienkunstvorträge. In diesem Jahr sind mir drei großartige Vorträge aufgefallen.
1. Robot Music, Zwei Musiker, die ernsthaft einen Roboter einsetzen um einen C64 basierten-Tracker zu steuern sind etwas Besonderes. Wenn Sie dabei auch noch so cool auftreten kann das nur klasse sein.
2. Electroedibles – Open Source Hardware for Smart Candies von Denisa Kera, Yair Reshef und Zohar Messeca-Fara Was haben Zucker Kant und Elelektronik gemeinsam? Klar, die Anwort kann nur Electroedibles heißen! Eine weltweit einmalige Kombination aus Elekronik mit Sensorik und LEDs, die in Zucker eingegossen interaktive Lollies mit philosophischen Background ergeben. Sehenswert sowohl für den Koch als auch für den Bastler.
3. Deconstructing a Socialist Lawnmower von Darsha Hewitt Ein supercooler Vortrag zu einem DDR-Rasenmäher, der mich sofort an den Roboter Maximilian aus „das schwarze Loch“ von 1979 erinnert hat. Darsha hat das militärische Aussehen des Roboters sofort fasziniert und sie hat dazu beeindruckende Fotos und Videos geschaffen. Auch Ihre frühen Audio-Arbeiten zu dem ersten mechanische Sequenzer von Wurlitzer haben mir sehr gefallen.
Ich diesem Jahr ist aufgrund der Baulichkeiten sehr viel mehr Platz für Medienkunstinstallationen übrig geblieben, was zumindest gefühlt zu mehr Installationen geführt hat. Außerdem kommen solche Dinge mit etwas mehr Platz viel besser zur Geltung.
Fazit
Da es vier große parallele Sessions gab, konnte auch ich nur ca. ein Viertel der Vorträge live sehen. Auch hier in meinen Empfehlungen steckt nur eine kleine subjektive Auswahl. Aber es gibt alle Vorträge auch aus der Konserve zu sehen:
Der Kongress lohnt immer wieder, auf wenn die Vorträge in der Ballung über vier Tage auch anstrengend werden können.