Internet und demokratische Öffentlichkeit

In den letzten Wochen sind mir in den Medien vier Hinweise auf Web-Portale aufgefallen, die den Bürgern Möglichkeiten bieten, Misstände an die Öffentlichkeit zu bringen oder mit gezielten Anfragen Öffentlichkeit einzufordern, oder sich bei der Gesetzgebung einzubringen. Die Portale können also unter dem Begriff „demokratische Öffentlichkeit“ zusammengefasst werden. Die Adressen sind:

http://www.lebensmittelklarheit.de
https://fragdenstaat.de
http://www.derwesten-recherche.org
https://www.enquetebeteiligung.de/

Wir haben hier völlig unterschiedliche Konzepte und auch die Betreibereinrichtungen sind breit gefächert: staatlich unterstütze Einrichtung, freie Initiative, Medienkonzern, gewählte Volksvertretung.

Lebensmittelklarheit wird vom Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. betrieben. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz fördert dieses Projekt und bekennt sich ausdrücklich zu den Prinzipien. Der Verbraucher hat bei diesem Portal die Möglichkeit falsch oder irreführend deklarierte Lebensmittelprodukte zu melden. Die Meldungen werden nach definierten Regeln geprüft und veröffentlicht. Man könnte also grob sagen: „Staat unterstützt Bürger gegenüber Lebensmittelindustrie.“

Fragdenstaat wird von der „Open Knowledge Foundation Deutschland e.V.“ (http://www.okfn.de) betrieben. Die Initiative unterstützt den Bürger dabei, Auskunftsersuchen an Staat und Behörden zu stellen. Diese Anfragen kann zwar jeder Bürger auch direkt an die Behörden stellen, doch durch das Portal wird zusätzlich eine Öffentlichkeit hergestellt. Wie das alles gemeint ist, erfährt man am Besten, wenn man die Anleitung für Behörden liest.

Derwesten-Recherche ist ein Dienst der WAZ-Mediengruppe. Das Portal eröffnet die Möglichkeit Informationen anonym an die Presse zu geben. Das ist eigentlich nichts Neues, denn die Presse war natürlich immer schon daran interessiert, Insiderwissen zugesteckt zu bekommen und auch anonyme Informationen zu erhalten. Trotzdem ist es im Allgemeinen sicher nicht einfach bei einer Redaktion den geeigneten Eingabekanal für brisante Informationen zu finden. Hier wird also so ein Eingabekanal definiert. Man kann Dateien hochladen oder Texte in ein Kontakt-Formular schreiben. Man kann auch Mails schreiben und es werden Tipps gegeben, woher man anonyme Mailadressen bekommen kann. Natürlich kann man so einen Dienst auch kritisch sehen. Es wird erklärt: „Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die Befürchtungen unberechtigt sind. Die WAZ-Mediengruppe bläst keine ungeprüften Informationen heraus.“ Ich denke hier muss sich jeder selbst ein Urteil bilden, wann er von so einer Möglichkeit Gebrauch machen will.

Mit dem Portal Enquetebeteiligung versucht die Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft des Bundestages die Bürger in ihre Arbeit einzubeziehen. Die Kommission besteht aus 17 Abgeordneten und 17 externen Experten. Das Web-Portal, bei dem sich jeder einbringen kann, fungiert gewissermaßen als 18. Experte. Für denjenigen, der hier mal vorbei schneit ist es allerdings schwierig, sich ein Bild über den Stand der Diskussion zu machen. Mir ist auch nicht ganz klar geworden, ob und wie die Kommission mit der Community des Portals interagiert.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Internet und demokratische Öffentlichkeit“

  1. Burkhard Wald

    … und dieses Portal gehört noch dazu:
    http://openpetition.de/

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